Kapitel­zusammen­fassung

Über die Studie

Diese kritische Studie soll all denen einen Leitfaden an die Hand geben, die Zweifel an den Lehren der Zeugen Jehovas haben, aber nicht wissen, was man ihnen argumentativ entgegnen kann.

Resümee

Der Glaube der Zeugen Jehovas (= WTG = Wachtturmgesellschaft) beruht auf einer kolossalen Fehlinter­pretation der Bibel. In ihren Schriften „Die Prophezei­ung Daniels – achte darauf!“ (ZJP) sowie „Was lehrt die Bibel wirklich?“ (ZJW) werden Hunderte von Bibelversen, insbesondere aus Daniels Buch (Dan), der Offenbarung und den Evangelien, als Vorhersagen für die Moderne gedeutet, obwohl sie sich tatsächlich nur auf die Antike beziehen. In Dan werden Gottes Gericht und Reich für das zweite vorchristliche Jahrhundert vorhergesagt, im Neuen Testament für das erste nachchristliche, aber nicht, wie die WTG behauptet, für eine Zeit über 1800 Jahre später. Solche Fernzeitprognosen hätten damalige Leser überhaupt nicht interessiert. Sie erwarteten das Gottesreich zu ihren Lebzeiten.

Wie alle echten Prophezeiungen der Bibel sind Dan, Offenbarung und die Evangelien in ihrer Vorhersage gescheitert: Gottes Reich auf Erden kam nicht. Die WTG hingegen ignoriert diese Tatsache und verkündet seit über hundert Jahren, wir lebten in den „letzten Tagen“, Harmagedon stünde kurz bevor und sei in der Bibel für unsere heutige Zeit angekündigt worden als Entscheidungskampf zwischen Satans „Weltreich der fal­schen Religionen“ und Jesus, dem Vernichter des Bösen. Nur die Zeugen Jehovas – die „wahren Christen“ – würden diesen Tag des Zorns und der Gerichte über­leben.

Entgegen dem Glauben der WTG handelt es sich bei den meisten Prophezeiungen Daniels um sogenannte ‚vaticinia ex eventu‘: Daniel behauptet, zur Zeit Nebukadnezars, Belsazars, Kyrus‘ und Darius‘ zu schreiben, lebte aber tatsächlich in späteren Jahrhunderten und gibt Ereig­nisse der Vergangenheit als von ihm prophezeite aus. Seine geschichtlichen Kenntnisse sind aber für einen angeblichen Zeitzeugen am Hof babylonischer und persi­scher Herrscher derart katastrophal, dass er unmöglich ihr Zeitgenosse gewesen sein kann. Daniel ist eine erfundene Figur. Die wirklichen Namen der Dan-Autoren – es waren mehrere – sind unbekannt. Dan ist wesentlich eine Propaganda-Schrift für den Jahwe-Glauben sowie eine Trost- und Hoffnungsschrift der antiken jüdischen Glaubensgemeinschaft. Die wichtigste Prophezeiung dieses Buches – der Beginn des Gottesreiches zur Zeit des Seleukidenherrschers Antiochus Epiphanes im Jahr 165 v. Chr. – hat sich nicht erfüllt.

Für die Zeugen Jehovas steht die Vernichtung der verdorbenen Welt, Satans Welt, kurz bevor (ZJW 32).
Diese Vorstellung haben sie aus dem Danielbuch abgekupfert. Dort wird

„der Herrschaft der Menschen … die unabänderlich kommende Herrschaft Gottes gegenübergestellt; erst sie wird wahrhaft das Heil bringen. Für die Apokalyptik wird also innerhalb der Geschichte kein Heil mehr erwartet, es bedarf der grundsätzlichen Zeitenwende …“ (Daniel: bibelwissenschaft.de)

Die gleiche Grundeinstellung findet sich auch in der Offenbarung sowie den Evangelien, und die WTG hat sie auch aus diesen Quellen übernommen und auf unsere gegen­wärtige Zeit projiziert. Diese enthalten aber keine Bot­schaft für die heutige Welt – ebensowenig wie das Buch Daniel. Seine Auslegungen durch die Zeugen Jehovas sind gänzlich falsch, willkürlich und voller Widersprüche.
In diesem Buch – wie auch in allen anderen Schriften des Alten Testaments – gibt es keine Prophezeiungen, welche sich auf Jesus Christus, die Zeugen Jehovas, eine „anglo-amerikanische Weltmacht“, auf Kaiser Wilhelm II., Hitler, die UNO und die Einrichtung eines himmlischen „messianischen Königreichs“ im Jahr 1914 n. Chr. beziehen. Solche Bibelauslegungen sind nicht nur Fehldeutungen – es handelt sich um aber­witzige Konstruktionen. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte WTG-Literatur. Ihr Vorbild befindet sich im Neuen Testament. Dort wird z. B. vom Autor des Matthäus-Evangeliums eine Prophezeiung Daniels im Sinne dieses Evangelisten umgedeutet (Matthäus 24:15). Diesen Luftballon des frommen Betrugs bläst die WTG bis zum Gehtnichtmehr auf: Hunderte der in ZJP und ZJW zitierten Bibelverse werden so nach ihrem Gusto inter­pretiert und zu einer gigantischen Irrlehre aufgebaut, wobei geschichtswissenschaftlich gesicherte Regierungs­zeiten antiker Herrscher stillschweigend abgeändert werden, um Prophezeiungen des Alten Testaments als erfüllt darstellen zu können nach dem Prinzip:

‚Jetzt mach ich mir die Welt, wie sie mir gefällt.‘

In diesem Sinne hat sich die Wachtturmgesellschaft auch eine hauseigene Bibel angefertigt („Neue-Welt-Über­setzung der Heiligen Schrift“), in welcher viele Bibel­verse der Originaltexte falsch übersetzt wurden, um die absurden Konstrukte der Zeugen Jehovas zu stützen.

Besonders problematisch an den Lehren der WTG ist die Verurteilung aller anderen christlichen und nicht­christlichen Religionen als „falsche Religionen“, ihrer Riten und Bräuche wie das Weihnachtsfest als „Giftmüll“.

Die WTG ist eine typische fundamentalistische Sekte, welche eine Theokratie für die ideale Regierungsform hält. Glaubenstoleranz ist ihr ein Fremdwort.

ZJW 145:

„Die falsche Religion hat keinen echten Wert, sie ist wie Falschgeld … Die wahre Religion führt zu ewigem Leben. Die falsche Religion führt in die Vernich­tung … Die Art und Weise, wie wir Gott anbeten, bedeutet also wirklich Leben oder Tod für uns.“

Demgegenüber erklärt die Katholische Kirche in ihrer „nostra aetate“ aus dem Jahr 1965:

„… So sind auch die übrigen in der ganzen Welt ver­breiteten Religionen bemüht, der Unruhe des mensch­lichen Herzens auf verschiedene Weise zu begegnen, indem sie Wege weisen: Lehren und Lebensregeln sowie auch heilige Riten. Die Katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist …“

Das Credo der Zeugen Jehovas lautet hingegen:

„Denk so wie wir – oder stirb in der Schlacht von Harmagedon!“